Hanna-Chris Gast
Ein Spruch, der mir gut gefiel, heißt in etwa: "Glauben ist, an die Existenz von Quellen und Ozeanen zu glauben, wenn Du lediglich einen Fluss sehen kannst..." Aber an einen Ozean zu glauben, wenn ich nicht einmal ein Gewässer zu sehen bekäme, das wäre wohl zu schwierig. Bei Trinität und Jungfrauengeburt hatte ich schon in der Konfirmandenzeit Probleme. Ich interessiere mich vielmehr dafür, wie Jesus historisch gesehen wirklich war und glaube daran, dass an seinen Lehren und Empfehlungen etwas Wahres daran ist.
Bei aller Spekulation ist aber zu beachten, dass die
Erkenntnismöglichkeiten
des Menschen in der Theologie genauso begrenzt sind wie zum
Beispiel in
der Physik. Wenn wir also anfangen, über die Natur von Jesus
irgendwelche
Glaubenssätze festzulegen, dann ist das genauso, als wenn
Kindergarten-Kinder
über die Funktionsweise eines Fernsehers diskutieren würden und
dann die Mehrheitsmeinung zum ewigen Dogma erhöben. Deshalb
betrachte
ich meine religiösen Vorstellungen als "Arbeitshypothesen", die
ich
beim Auftauchen neuer Erkenntnisse jederzeit wieder umändern
können
muss. Doch nun der Reihe nach:
Ich bewundere die Ringparabel von Lessing in dem Theaterstück "Nathan der Weise". Ich glaube, dass keine Religion die volle Wahrheit hat, sondern viele Religionen ein Stückchen der Wahrheit besitzen, die eine vielleicht mehr als die andere, aber keine die vollständige Wahrheit. Es gibt da eine schöne Geschichte von ein paar Blinden, die einen Elefanten erforschen. Der eine tastet die Ohren ab und glaubt nun, dass Elefanten wie Segeltuch seien. Der zweite erwischt die Beine und vergleicht nun Elefanten mit Säulen usw. Natürlich glaube ich wie wohl fast alle Menschen, dass "meine Religion" der Wahrheit näher kommt als die anderen, sonst wäre es ja nicht das, was ich glaube.
Interessant ist, dass sich spirituell orientierte Menschen verschiedener Religionen (Mystiker) im Religiösen weniger unterscheiden als die Verstandesmenschen. Vielleicht ist es unser Fehler, unsere Begegnungen mit dem Göttlichen in philosophische Schemen pressen zu wollen.
Bei den Problemen der Menschheit von heute und von morgen halte ich es für nötig, dass sich die Gläubigen aller Religionen zusammentun im Kampf gegen Hunger, Krieg und so weiter, anstatt gegeneinander zu wirken. Der "Feind" sollte nicht mehr die jeweils andere Religion sein, sondern die Anbetung von Konsum, Wachstum und Macht einerseits und der Fundamentalismus andererseits.
Leider hat jede Religionsgemeinschaft viel historischen Ballast,
welcher
Menschen, die nach Gott suchen, abschrecken kann; z.B. beim
Christentum
das Trinitätsdogma und die Sühneopfertheorie - als ob Gott ein
Jurist des 1. Jahrhunderts wäre! Wer nicht in kirchlich geprägten
Kreisen groß geworden ist, wird sich damit schwer tun und sich
vielleicht
eher für eine andere Religion entscheiden. Entscheidend ist, ob
wir
danach leben, und nicht die Theorie.
Im Alten Testament stecken 1000 Jahre oder mehr an Erfahrungen mit Gott. Aber in dem Gebot der Nächstenliebe, sogar Feindesliebe, übertrifft Jesus selbst noch die Erkenntnisse der Psychologie des 20. Jahrhunderts! Allerdings helfen uns die heutigen Erkenntnisse von Medizin, Psychologie und der Naturwissenschaft, Jesus besser zu verstehen.
Mein Jesusbild ist recht einfach: Im Jahre 30 oder 33 unserer Zeitrechnung wurde ein "Wunderrabbi" hingerichtet. Dieser war drei Tage tot und erschien dann vielen Menschen, wohl über hundert. Er hat uns Botschaften hinterlassen, die wir, in etwa zumindest, in den Evangelien nachlesen können. Angesichts der heutigen Erkenntnisse über psychosomatische Medizin stehen die Wunderheilungen von Jesus nicht im Widerspruch zu den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen. Für die Auferstehung von Jesus gibt es allerdings noch keine naturwissenschaftliche Erklärung, aber die Zahl der Augenzeugen ist beachtlich. Auch heute noch haben manche Menschen Visionen von geliebten Verstorbenen. Ob es sich hier um dasselbe Phänomen handelt, bin ich mir noch nicht sicher.
Als Mensch der Naturwissenschaft fällt mir das nicht-naturwissenschaftliche Denken der Theologen sehr schwer. Ich habe schon in der Schule Probleme mit Philosophie gehabt. Zum Beispiel glaube ich nicht an Parthenogenese beim Homo Sapiens (Jungfrauengeburt). Auch der ganze Komplex mit "Jesus starb für uns" verstehe ich anders als die Kirche. Dass sein Kreuzestod nötig war für das Heilsgeschehen, sehe ich ein: "Das Weizenkorn muss in die Erde, damit es Frucht bringt." Aber nicht die Erklärung, dass Gott für unsere Sünden ein "unschuldiges Opfer" als Ersatzbuße verlangt. Im Zweifelsfall würde ich als Ingenieurin sagen, wir haben da ein paar Arbeitshypothesen, aber noch keine überzeugenden Theorien. Ich bin überzeugt, dass unsere heutige Naturwissenschaft noch lange nicht alles weiß, aber ich kann damit gut leben, ohne wild spekulieren zu müssen.
Ich höre immer wieder von Wunderheilern auch heute noch und glaube, dass Jesus bis heute mit seinen Heilerfolgen unübertroffen ist, und auch mit seinen spirituellen Erfahrungen. Ich persönlich glaube, dass Jesus auch (menschliche) Fehler hatte, aber wenn ich ihn mit Moses, Mohammed und Buddha vergleiche, gefällt er mir am besten. Allerdings finde ich, wir Christen sollten auch das Gute in den anderen Religionen sehen und gegebenenfalls übernehmen. Wir können von den anderen lernen, und sie vielleicht auch von uns.
Als selbständiger Mensch kann ich Jesus nur als Prophet verehren, aber nicht als Herrn anerkennen, wie es ein lutherischer Pfarrer einmal aus Voraussetzung für das Abendmahl ausdrückte. Aber andere Pfarrer (und Pfarrerinnen) akzeptieren mich auch mit meiner oben geschilderten Einstellung zum Abendmahl. Deshalb denke ich, dass ich vor dem Abendmahl meine Ansichten mit dem jeweiligen Pfarrer abspreche, und notfalls zu einem anderen Pfarrer gehe, wenn er mit mir Probleme hat.
Ich träume nicht nur von einer Gemeinschaft aller Christen,
sondern
auch von einer Gemeinschaft aller, die den Lehren von Jesus
folgen, egal
welcher Religion sie angehören.
Wenn ich mit einigen Theologen darüber rede, dass Jungfrauengeburten im Widerspruch zu den Erkenntnissen der Biologie stehen, wenden sie ein, dass die Theologie einen anderen Begriff von "Wahrheit" verwenden als die Naturwissenschaftler. Ein Theologe brachte es auf den Punkt: "Die Weihnachtsgeschichte ist zwar keine historische Tatsache, aber dennoch Gottes Wort", und von daher hat sie uns viel zu sagen.
Ich selber habe aber als naturwissenschaftlich geprägter Mensch
damit Probleme. Ich selber frage lieber, was ist historisch
richtig und
was bloß Legende, und unterscheide da gerne. Als historischen Fakt
sehe ich zum Beispiel, dass einige Tage nach der Kreuzigung von
Jesus einige
Menschen kamen und erzählten, sie hätten Jesus gesehen, bis hin
zu Paulus, der Christus vor Damaskus erlebte, und es in seinen
Briefen
selbst bezeugte. Für Skeptiker bin ich natürlich in dieser
Hinsicht
wohl noch viel zu sehr dogmatisch und zu wenig philosophisch
offen. Aber
ich plane hier ja keinen Gottesbeweis.
Die Bibel
Die Bibel ist eine Sammlung der Erfahrungen von Menschen mit Gott
über
einen Zeitraum von über 1000 Jahren. Sie zeigt die Entwicklung des
Gottesbildes der Menschen. Sie ist meines Erachtens nicht von Gott
wörtlich
inspiriert und 100 prozentige Wahrheit. Ich selber hätte gerne
einen
Teil davon aussortiert, aber jede Generation würde sicher eine
andere
Auswahl treffen. Von daher verbietet sich das Wegtun eines Teiles.
Während große Teile des Alten Testaments ein enormes Hintergrundswissen erfordern, sind die Worte Jesus an den einfachen Hörer gerichtet, so dass heute nach 2000 Jahren noch der einfache Leser der (synoptischen) Evangelien ihn direkt verstehen kann.
Die Worte: "Niemand kommt zum Vater denn durch mich" dürfen aber
nicht so interpretiert werden, dass alle anderen Religionen von
Gott verdammt
sind und in die Hölle führen, was Kreuzzüge usw. zur
Christenpflicht
macht. So etwas glaubt heute nicht einmal mehr ein Papst.
Diese Jesus-Worte
sind wohl meines Erachtens so zu verstehen, dass der von Jesus
gezeigte
Weg der einzig-mögliche ist. Ich denke, dass Gott diesen Weg
sicher
irgendwie auch den Angehörigen anderer Religionen offenbart haben
wird, die von Jesus von Nazareth noch nie was gehört haben, wenn
auch
vielleicht etwas indirekter und umständlicher.
In einem SF-Roman übersetzt der Autor (Harry T. Master in der Sedu-Pio-Trilogie) den Anfang des Johannes-Evangelium mit "Im Anfang war das Licht". Darüber grübelte ich nach. Für mich sind Licht elektromagnetische Wellen von 380 nm bis 780 nm und Wörter modulierte Schallwellen. Ich würde das Bibelwort "en archä än ho logos" eher übersetzen mit "Im Anfang war die 'Vernunft', die ordnenden Gedanken Gottes."
Ob Gott sich in dieser Welt (d.h. in jeden einzelnen
Atomteilchen)
inkarnierte, sie "von außen lenkt" oder "in mit und dazwischen"
existiert,
ist meines Erachtens Spekulation. Jegliches Dogma hierüber würde
ich ablehnen.
Die Wahrheit ist für den menschlichen Verstand wohl zu komplex, und was Menschen nach Meditationen mit Erleuchtung erzählen, ist unabhängig davon, ob sie vor der Erleuchtung Atheisten oder Gläubige waren, wurde mir erzählt. Ich denke, ob man Gott als "Person" sieht oder als die Kraft, aus der heraus der Kosmos sich entfaltet, sind kindische Definitionen, die im Grunde nicht entscheidend sind.
Ich frage mich, ob Buddhisten, Christen, Hindus, Juden und Moslems sowie Animisten wirklich denselben einen Gott anbeten, ohne es zu wissen. Manchmal kommen mir da Zweifel. Aber den Gedanken, dass nur ich bzw. meine kleine Religionsgemeinschaft den einen "wahren" Gott anbeten und alle anderen 6 bis 8 Milliarden Menschen den falschen, finde ich absurd. Ich stelle mir gerne vor, dass alle Menschen guten Willens in ihrem Gefühl mit demselben einen Gott im Gebet kommunizieren, egal, welche kognitiven Theorien sie vorher gelernt haben.
Zum Thema Dogmatik gibt es einen Witz, den ich sehr treffend
finde:
"In
der Bibliothek des Himmelreiches befindet sich die Dogmatik in
der Witzbuchabteilung".
Das Verbot, sich Bilder von Gott zu machen, sollte auch für
dogmatische
Theorien wie zum Beispiel die Trinitätslehre gelten. Was über
die nachvollziehbare Erfahrung hinausgeht, ist höchstens
Bei der Auferstehung von Jesus habe ich (zur Zeit) die Vorstellung, dass Jesus nur geistig auferstand und nicht körperlich. Für die biblischen Berichte vom leeren Grab habe ich (bis jetzt zumindest) keine Erklärung. In der Bibel wird ferner berichtet, dass Jesus nach der Auferstehung Dinge tat, die einen materiellen Körper voraussetzen, etwa dass er das Brot brach oder Fische briet. Dafür würde die Hypothese passen, dass Jesus nur scheintot war und die Römer ihn voreilig für tot hielten. Bloß dann wäre er nicht so unbeschwert nach Emmaus mitgewandert, sondern gehumpelt. Außerdem wird erzählt, dass Jesus in einem verschlossenen Raum auftauchte und wieder verschwand. Das widerspricht der Scheintot-Theorie. Für die Theorie der geistigen Auferstehung passt, dass Jesus dem Paulus vor Damaskus als Licht erschien.
Mit dem Glauben an eine geistige Auferstehung habe ich keine
Probleme.
Nach dem Tod unseres Kindermädchens im Januar 1999 hatte ich ein
taktiles
Totengeist-Erlebnis. Und wenn so etwas schon bei normalen Menschen
passiert,
wie viel stärker wird es dann bei einer so unvergleichlichen
Persönlichkeit
wie Jesus von Nazareth gewesen sein! Ich glaube, dass solche
Auferstehungen
im Geiste nicht im Widerspruch zu den Naturgesetzen stehen. Ich
werde aber
weiter darüber nachforschen und nachdenken.
Als Mensch der Naturwissenschaft glaube ich zum Beispiel nicht an Wunder, die den Naturgesetzen widersprechen, zum Beispiel, dass Jesus von einer Jungfrau geboren sein soll. Parthenogenese gibt es bei niederen Wirbeltieren, aber nicht beim Homo Sapiens. Allerdings bin ich überzeugt, dass auch unsere heutige Naturwissenschaft noch lange nicht alles weiß, und höre immer wieder von Wunderheilern auch in heutiger Zeit. Ich glaube, dass Jesus bis heute mit seinen Heilerfolgen und mit seinen spirituellen Erfahrungen unübertroffen ist. Aber ich persönlich denke, dass auch Jesus als Mensch menschliche Fehler hatte.
Ich glaube, dass vor 2000 Jahren, als die Menschheit langsam anfing, dafür reif zu werden, Jesus uns mit seiner Lehre von Nächstenliebe und Barmherzigkeit ein Rezept für ein glückliches Leben gab, gewissermaßen ein "Sauerteigrezept". Auch wenn sie bis jetzt leider nur von einem Teil der Menschen ernst genommen wird und auch nur begrenzt von den politisch mächtigen Menschen – so ist diese Lehre doch inzwischen in allen Teilen der Welt verbreitet, auch außerhalb des Christentums. Dieselben Kernpunkte lehrte ansatzweise auch Buddha, unabhängig von Jesus. Ich glaube, dass die Menschheit besser dran ist, wenn sie diese Nächstenliebe praktiziert, und dass dies vielleicht eines Tages von Soziologen und Psychologen bewiesen werden kann. Hauptsache, die Menschen praktizieren, was Jesus lehrt, egal, auf welche Religion sie sich dabei berufen.
Schwierigkeiten habe ich mit der Sühneopfer-Theorie. Ich kann
nicht
nachvollziehen, dass vor 2000 Jahren ein Unschuldiger für meine
Verfehlungen
von heute sterben musste. (Polemisch ausgedrückt: "Das
Christentum
ist die Lösung für die Angst- und Schuldgefühle, welche
die Menschen ohne das Christentum gar nicht erst hätten").
Ich
denke, in der Kirche wird zuviel von Jesus geredet und zuwenig von
seiner
Lehre, wie man leben soll. Dass der Kreuzestod nötig war, glaube
ich
dagegen bereitwillig, auch wenn ich dafür eine andere Theorie
anbiete
als die Amtskirchen:
Jesus starb nicht, um einen verärgerten Vater mit einem
unschuldigen
Tod anstelle von uns zu versöhnen, sondern er starb für unser
Heil , so wie ein Samenkorn in der Erde vergehen muss, um eine
Pflanze
hervorzubringen, nämlich das von Jesus verkündigte Himmelreich,
das schon jetzt unter und zwischen uns ist. Vielleicht ist dieses
Himmelreich
identisch mit der heiligen christlichen (weltumspannenden) Kirche,
an die
wir im Glaubensbekenntnis denken. Letztere ist leider überhaupt
nicht
identisch mit den real existierenden Konfessionen und Sekten.
Faustkeil, Feuer und Sprache haben sich vielleicht schneller verbreitet als die Lehren von Christus. Jesus kam, als die Menschheit anfing, dafür reif zu sein. (Ich denke, Jesus wäre gescheitert, wenn er in einer früheren Epoche aufgetreten wäre oder in einer späteren). Und wenn in 100 000 Jahren vielleicht der Name "Jesus" vergessen ist – sein Werk wird für die Entwicklung der Menschheit meiner Meinung nach die gleiche Wichtigkeit behalten wie die Entdeckung des Feuers und der Sprache. Während diese Technischen Errungenschaften das Leben nur quantitativ verbessern, nicht aber qualitativ (= "Sündenfall"?), hat die Botschaft Christi eine qualitative Verbesserung gebracht. Aber die Menschheit wird wohl noch ein paar tausend Jahre üben müssen, bis sich die Individuen ohne Nächstenliebe "ausgemendelt" haben …
Im Heft "Kontemplation und Mystik", Heft 1/2003 steht auf Seite 9 in einem Aufsatz von Willigis Jäger: "15 Milliarden Jahre kam dieses Universum ohne den Menschen aus und wird eines Tages wieder ohne ihn auskommen. Wo liegt die Bedeutung von Jesus Christus in der Vergangenheit, als es den Menschen nicht gab, und wo liegt sie, wenn er nicht mehr da ist, das Universum aber weiter existiert? ..."
Ich denke dazu: Irgendwann wird es den heutigen
Homo-Sapiens
nicht mehr geben, ebenso wie es das Tier, das als erstes vom Meer
ans Land
ging, oder den Saurier, der die ersten Flugversuche machte, auch
nicht
mehr gibt. Aber es gibt heute noch Vögel in der Luft und Tiere an
Land; und genauso wird hoffentlich die evolutionäre Errungenschaft
der Vernetzung aller Lebewesen ("ein Leib in Christo") zusammen
mit dem
System "Lebewesen" weitergegeben, solange es Leben in diesem
Kosmos gibt,
auch wenn es den Homo Sapiens als solchen ebensowenig mehr geben
wird wie
den Archäopterix. Also eher würde ich formulieren, dass es
irgendwann
keine
Spur mehr von der jetzigen Konfessionen und historisch
bedingter
Dogmen mehr geben wird, und man wird den Namen "Jesus von
Nazareth"
vielleicht nicht mehr kennen. Aber seine Errungenschaft wird
bleiben. In
Jesus waltete die Evolution mit einem neuen Entwicklungsschritt,
egal ob
man es"logos" nennt oder
sonstwie.
Der Ausdruck "Gottes Sohn" ist ein Ehrentitel, wie er für Könige üblich war. Das Gott keine "Söhne zeugt", wurde meiner Meinung nach von Mohammed zur Recht kritisiert. Im übrigen sind wir alle "Kinder Gottes", wenn auch nicht im biologischen Sinne, und beten daher zu Recht: "Vater unser". Dass der in Jesus uns offenbar gewordene "Logos" möglicherweise schon vor dem Urknall existiert haben kann, bedeutet für mich noch nicht, das Jesus als Mensch inkarnierter Gott ist.
Die Trinitätslehre ist für mich nicht nachvollziehbar, ich
sehe mich aber (bis jetzt zumindest) nicht als berechtigt an, sie
zu kritisieren,
bloß weil ich sie nicht verstehe. (Meine innere Stimme rät
mir, sie nicht zu sehr zu kritisieren. Vielleicht ist sie für
Theologen,
die dogmatische Forschung anstellen, genauso bedeutsam wie für
den
Elektroingenieur die komplexen Zahlen.) Aber es ist eine
unnötige
Hemmschwelle, einfache Gläubige mit so etwas zu behelligen, und
deshalb
finde ich, man solle die normalen Gläubigen mit solchen
Theorien
in Ruhe lassen! Ich kenne Menschen, die traten unter anderem
deshalb
zum Islam über. Außerdem erschwert es die Verständigung
mit Juden und Moslems.
Nach Calvin ist das Abendmahl eher eine symbolische Handlung, nach Luther ist Christus "in, mit und unter" dem Brot und dem Wein, nach Ansicht der katholischen Kirche findet eine Wandlung statt. Die Frage kann zur Zeit noch nicht eindeutig beantwortet werden, aber eigentlich braucht sie nur für den Pfarrer von Interesse zu sein, der nach dem Gottesdienst die Reste entsorgen muss . . .
Ob eine Wirkung des Abendmahls auch für Nichtgläubige möglich ist, weiß ich nicht. Dazu müsste man ungeweihte und geweihte Hostien im Doppelblindversuch an Mäuse verfüttern, ein Experiment, was sich in der Realität wohl verbietet. (Dies meine ich ernst und nicht ironisch!). Inzwischen habe ich mehrfach vorgeführt bekommen, dass Materie wie etwa Wasser oder Kristalle "energetisch" (im esoterischen Sinne) aufgeladen werden kann und dies dann von sensiblen Leuten wahrnehmbar ist. Auch die Wirkung von Weihwasser wäre dann nachvollziehbar. Wenn die Wirksamkeit von Homöopathie nachgewiesen werden kann, dann wäre es wohl auch nicht mehr weit zu einer wissenschaftlichen Erklärung der Wirkung des Abendmahls. Bei der Homöopathie wirk eine Arznei auch dann noch, wenn kein Atom von der Ursprungssubstanz mehr vorhanden ist. Ob nun Wein und Oblaten beim Abendmahl quasi "aufgeladen" werden, wie es Esoteriker von Weihwasser und Kristallen erzählen, oder ob eine Veränderung der Molekülstruktur stattfindet, dass wird man vielleicht in einigen Jahren klären können.
Bezüglich apostolischer Sukzession gibt es Parallelen zum Reiki,
wo auch gesagt wird, dass die Reiki-Kraft nur vom Meister zum
Schüler
weitergegeben werden kann. Ich bezweifele nicht, dass ein
Handauflegen
oder eine Weihehandlung eine Wirkung haben kann, aber es ist nicht
die
einzige Möglichkeit, den heiligen Geist zu erlangen. Die
erfolgreichsten
Geistheiler haben meines Wissens ihre Kraft in der Regel nicht von
irgendeinem
menschlichen Meister übertragen bekommen. Andererseits hat ja auch
jeder Christ durch die Taufe eine gewisse "apostolische
Sukzession" und
sollte von daher berechtigt sein, bei Bedarf das Abendmahl
auszuteilen.
Übrigens sagte mir jemand, der Erfahrung mit Meditation hat, dass
Menschen mit Meditier-Erfahrung (Mystiker) in allen Religionen
im
Laufe ihres Lebens sehr ähnliche Vorstellungen über das
Transzendente
entwickeln, und zwar aus ihrer persönlichen Erfahrung heraus.
Skeptiker
können sagen: "Die Stimulation des Temporallappens des Gehirns
durch
Meditation oder Elektroden löst Halluzinationen aus." Ich würde
eher sagen: "Wir haben im Gehirn ein Sinnesorgan für
Transzendenz."
Das Himmelreich, von dem Jesus sprach, kann mitten unter uns sein, wenn wir seinen Weg beschreiten. Wenn wir den Nächsten lieben und wenn wir beten bzw. meditieren, dann fragen wir nicht mehr, was nach dem Herzstillstand mit unserem "ich" passiert. Dann vertrauen wir Gott, dass er es schon zum Besten richten wird.
Im Christentum wird der Glaube an Reinkarnation abgelehnt. Das Leben hier und jetzt ist zu wichtig, als dass man etwas auf das "nächste Leben" verschieben kann. Das alte Testament kennt kein Leben nach dem Tod, wie es die Sadduzäer sahen, und Jesus spricht im Neuen Testament vom Himmelreich. Jesus benutzte in seinen Gleichnissen die Bilder von Himmel und Hölle. Es wird aber heute von Theologen vielfach so interpretiert, dass es eine Hölle nach dem Tod nicht geben soll. Aber da muss ich mich noch etwas mehr mit beschäftigen, bevor ich dazu etwas sagen kann. Jesus sagte, im Himmelreich sind die Verstorbenen wie die Engel.
Für die "Erinnerungen an frühere Leben", von denen einige
Menschen erzählen, bevorzuge ich die Theorie von dem kollektiven
Artgedächtnis nach Jung. Ob dieses Artgedächtnis chemisch
in den Genen gespeichert ist oder parapsychologisch funktioniert,
weiß
ich nicht. Andererseits weiß man, dass das Gedächtnis von
Gehirnzellen
abhängt und zum Beispiel bei einer Alzheimer-Erkrankung zerstört
wird. Bei einer Wiedergeburt müssten folglich alle Erinnerungen
für
immer gelöscht sein, eine Erinnerung an eigene frühere Leben
ist unmöglich. Wenn es aber, wie die Christen (und Juden und
Moslems)
glauben, ein Leben nach dem Tod gibt, dann könnte Gott natürlich
genausogut auch eine nochmalige Wiedergeburt als Mensch (mit
Erinnerungen
an das vergangene Leben) ermöglichen. Aber dies wäre nicht der
zwangsläufige, normale Verlauf der Natur, und die Bibel sagt
nichts
dazu.
Vielleicht würde jede Wirtschaftsordnung human, wenn alle Menschen nach der Bergpredigt lebten. Paulus zeigte keinerlei Interesse für die Abschaffung der Sklaverei – nicht einmal unter Christen! Aber eine Weltwirtschaft, in der einige prassen können und andere (wenn auch in anderen Ländern) notleiden – die ist nicht mit den christlichen Prinzipien vereinbar. Theoretische Frage: Wieso lässt der "christliche" Präsident Bush seine Armeen nicht in Länder einmarschieren, wo Leute hungern? Die Bibel fordert keine Demokratie, sondern Brot dem Hungrigen …
Ich persönlich glaube, dass die globale Marktwirtschaft ungeeignet
ist, die Welt mitmenschlich im Sinne von Christus und Buddha zu
gestalten.
Vielleicht erfindet man irgendwann eine soziale Marktwirtschaft,
einen
Kapitalismus mit "menschlichem Antlitz", nachdem die
sozialistischen Staaten
am Egoismus der Menschen zugrunde gegangen sind. Offenbar ist die
Menschheit,
von Klöstern und Kibbuzim abgesehen (und auch diese meist nur für
einige Generationen), noch lange nicht reif für idealistische
Staatsformen
wie den Sozialismus.
Für die Christen sollte es wohl wichtiger sein, die Botschaft Christi an die einzelnen Menschen zu vermitteln, als die ganze Welt verbessern zu wollen.
Sich mit Tieren zu verständigen, ist relativ leicht, weil sie genauso fühlen wie wir. Mit Pflanzen dürfte es schon schwieriger sein. Aber wenn es intelligente Wesen gibt, die nicht Materie-behaftet sind, dann werden sie, wenn es sie überhaupt gibt, nach meiner Meinung derart andersartig sein, dass wir mit ihnen wohl kaum kommunizieren können. Doch wie sind dann Engel-Erlebnisse zu interpretieren? (Ich meine jetzt nicht Träume von Engeln, sondern echte Erlebnisse).
Ich sehe verschiedene Möglichkeiten:
-- Engel-Erscheinungen könnten Auswirkungen von unbewussten Teilen
des eigenen Gehirns in Form von visuellen Halluzinationen oder von
Stimmenhören
sein. Immerhin ist der weitaus größte Teil des Gehirns unbewusst
und dem Bewusstsein nicht zugänglich. Bereits der Einfluss auf die
Körpertemperatur und die Herzfrequenz erfordert schon langwierige
Joga-Übungen oder intensives autogenes Training. Aber auch dann
bleibt
immer noch der größte Teil des Gehirns dem Bewusstsein
unzugänglich.
Stimmenhören muss nicht immer krankhaft sein, sondern kann auch
sehr
produktiv sein (z. B. bei Rilke).
-- Als Erklärung für Engelerlebnisse käme auch in Frage,
dass sich abgespaltene "parasitäre" Persönlichkeiten im eigenen
Gehirn in Form von Stimmen melden (dissoziative Störung, bzw.
multiple
Persönlichkeit).
-- Vielfach sind bei Engelerlebnissen auch parapsychologische
Effekte
im Spiel. Es heißt, dass außersinnliche Wahrnehmungen in Form
der bekannten visuellen, akustischen oder andere Sinne
wahrgenommen werden.
Ich persönlich glaube, dass alle Lebewesen irgendwie vernetzt sind
und eine Art kollektives Gedächtnis tragen, aber dieser Gedanke
ist
schon sehr spekulativ. In einem parapsychologischen Experiment,
das wie
eine spiritistische Sitzung aufgezogen war, konnte ein angeblicher
Geist
auch in einer Gruppe erzeugt werden.
Im Grunde ist es nur für die Wissenschaftler von Bedeutung, ob
Engel Geistwesen ohne Materie sind, oder ob sie eine parasitäre
Persönlichkeit
in einem Menschen oder eine Funktion mehrerer verketteter Gehirne
mit eigenem
Bewusstsein sind. Die Auswirkung auf den, der Engel erlebt, wäre
meines
Erachtens in allen drei Fällen die gleiche.
Auf jeden Fall müssen wir, wenn wir Engel-Erlebnisse haben, diese
anhand der Bibel und unseres Verstandes gründlich prüfen,
ob wir sie als segensreich ansehen können oder als weniger
segensreich
oder gar als schädlich. Notfalls wende man sich an Psychologen
oder
Pfarrer. Ich persönlich denke, dass es eine große Gnade sein
kann, Engel direkt zu erleben, solange man es nur im Privatleben
umsetzt,
dass es aber verheerend ist, neue Botschaften, die von der Bibel
abweichen,
in Umlauf zu bringen und damit neue Sekten zu gründen. Dann
behalte
man die Botschaften besser für sich.
Nicht alle Stimmen, die ein Prophet oder ein medial begabter Mensch hört, sind gut. Wenn Propheten diese Stimmen mit dem Verstand prüfen und mit der Bibel verifizieren, kann für den Einzelnen dabei Nützliches herauskommen. Neue prophetische Bücher hingegen führen nur zu unnötig neuen Sekten und Religionen, denke ich. Wahrscheinlich gibt es so etwas wie eine Privatoffenbarung. Aber für die Öffentlichkeit ist in der Bibel genug gesagt. Da besteht kein Bedarf an neuer Offenbarung. Meist entstehen durch so etwas nur unnötig neue Sekten, was der Intention der Gemeinschaft aller Gläubigen zuwiderläuft.
Schon mit den Ratschlägen von Paulus, die er seinen damaligen Gemeinden gab, haben wir heute Schwierigkeiten. Sie waren in der damaligen Kultur die angemessene Art zum gottgefälligen Leben, aber in die heutige Welt lassen sie sich nicht so ohne weiteres übertragen. Aktuelle Fragen zum gottgefälligen Leben, wie über Tabak-Rauchen, Pille nehmen, Haarlänge bei Frauen, Rollenverteilung von Mann und Frau bis hin zum Widerstand gegen Diktaturen sind für Christen heute schwerer zu beantworten als in anderen monotheistischen Religionen. Wahrscheinlich sind diese Dinge eher eine Frage der jeweiligen Umwelt und Kultur, die sich rasch ändert, als eine Frage des christlichen Glaubens, der im Prinzip ja der gleiche bleibt.
Dagegen waren und sind die meisten Jesusworte meines Erachtens
zeitunabhängig
(zumindest solange der Mensch nicht irgendwann sein Gehirn
gentechnisch
völlig verändert).
Airin erzählte mir ferner, dass sich einige spirituell
hochbegabten
Menschen bewusst für andere Wege entscheiden, etwa für Macht.
Ich hätte das für unmöglich gehalten, weil ich dachte, das
Böse
entspringt nur aus der Unwissenheit oder Schwäche des Menschen.
Diese
Machtmenschen fühlen sich nicht von "Anhaftung" betroffen, hier
einer
Sucht nach Macht, wie ein Alkoholiker von seiner Sucht nach
Alkohol oder
wie ein Mensch, der nach Reichtum strebt, an Materiellem anhaftet.
Airin
lehnte diesen Vergleich ab: "Diese spirituell hochbegabten
Menschen folgen
hier einer freien Willensentscheidung." Ich
selbst habe
mit dieser Vorstellung große Schwierigkeiten.
Ich träume von einer Kirche, die eine Gemeinschaft aller Jesus-Verehrer ist, die "Gemeinschaft der Heiligen", wie es im alten Glaubensbekenntnis heißt. Ich hasse es, wenn die Leute über Definitionen streiten und Sekten oder separate Konfessionen bilden. Egal, ob man Jesus als weisen Menschen mit guten Ideen sieht oder ob man glaubt, Christus sei Mensch-gewordener Gott – es verbindet uns doch die Lehre, den Nächsten zu lieben wie sich selber und Gott über alles. Und ob du Gott als "Person" siehst oder als die Kraft, aus der heraus der Kosmos sich entfaltet, auch das sind kindische Definitionen. Ich finde es bedauerlich, dass zum Beispiel beim Abendmahl die Kirchen sich noch nicht alle gegenseitig anerkennen, obwohl wir alle denselben Christus verehren. Vorbildlich finde ich da die jetzige Zusammenarbeit von Lutheranern und Reformierten in der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD), die noch vor nicht allzulanger Zeit Schwierigkeiten damit hatten.
Ich träume darüber hinaus auch von der Gemeinschaft aller, die Jesus verehren und versuchen, seine Lehre zu beherzigen, seien sie Buddhisten, Atheisten oder Angehörige anderer Religionen. Vielleicht spüren sie dann irgendwann den Heiligen Geist, auch wenn sie es dann anders benennen. Es kann doch wohl das Seelenheil nicht davon abhängen, was ich für historische Tatsache halte, und dass ich glaube, dass zwischen der Zeit des Moses und der Zeit der Apostel die Naturgesetze stellenweise außer Kraft gesetzt waren! Aber ich glaube auch, dass unsere heutige Naturwissenschaft noch lange nicht alles weiß, und höre immer wieder von Wunderheilern auch in heutiger Zeit. Ich glaube, dass Jesus bis heute mit seinen Heilerfolgen und mit seinen spirituellen Erfahrungen unübertroffen ist.
Ich persönlich denke, dass auch Jesus als Mensch menschliche
Fehler
hatte, aber wenn ich ihn mit Moses, Mohammed und Buddha
vergleiche, gefällt
er mir am besten. Allerdings finde ich, wir Christen sollten auch
das Gute
in den anderen Religionen sehen und gegebenenfalls übernehmen. Wir
können von den anderen lernen, und sie vielleicht auch von uns.
Ich finde, es wird bei der Verlängerung des Lebens mit allen medizinischen Möglichkeiten übertrieben. Ich selbst möchte keine Reanimation oder Weiterleben an Maschinen. Und ich würde lieber starke Schmerzmittel bevorzugen, die das Leben verkürzen (passive Sterbehilfe), als starke Schmerzen bei durch die Ärzte verlängertem Leben. Dagegen aktive Sterbehilfe, wenn es doch brauchbare Schmerzmittel gibt, halte ich für sehr bedenklich. Möglicherweise würden dann teure Pflegefälle sich unter moralischen Druck gesetzt fühlen.
Ich finde die Ansichten mancher Sekten, die Schutzimpfungen und Bluttransfusionen ablehnen, beachtenswert. Ob sie damit recht haben, wird vielleicht die Zukunft zeigen. Auf jeden Fall lehne ich künstliche Ernährung ohne ausdrücklichen Wunsch des Kranken strikt ab! Mein Onkel war durch Schlaganfälle immer stärker gelähmt. Schließlich verweigerte er im Frühjahr 2000 das Trinken und starb. Ich hätte es kriminell gefunden, ihn in diesem Fall zwangsweise zu ernähren. Ich selbst möchte keinesfalls länger leben als ich unbedingt muss.
Auch der Islam und die fernöstlichen Religionen lehren üble Folgen für die Seele eines Selbstmörders, aber vielleicht war es schon immer so, dass die Herrschenden (weltliche und geistliche) keine Untertanen durch diese Art ultimativer "Republikflucht" verlieren wollten.
In der Bibel wird Selbstmord differenziert betrachtet und gilt
nicht
automatisch als Sünde. Erst seit Augustin (etwa seit die Kirche im
römischen Reich zur herrschenden Religion geworden war) gilt der
Selbstmord
automatisch als schwere Sünde oder Todsünde. Selbstmördern
wurde bis weit ins 20. Jahrhundert eine kirchliche Beerdigung
verweigert.
Erst infolge der Erkenntnisse der Medizin und der Psychologie
fingen die
Kirchen an, umzudenken und Menschen, die an Selbstmord denken, als
Kranke
mit Bedarf an Seelsorge zu sehen und es nicht einfach als Sünde
abzutun.
Auch in anderen Religionen betrachtet man die Sache heute
differenzierter.
Gott ist liebevoller, als der Mensch denkt.
Hanna-Chris Gast
Ich gebe zu, dass diese drei Quellen für den Christen ausreichen können, und für eine religiöse Gemeinschaft muss man sich sowieso auf gewisse Dinge einigen ("Normung"), da eine Gemeinschaft schlecht funktionieren kann, wenn jeder sich seine eigene Religion bastelt. Paulus mahnte zur Rücksicht auf die "Schwachen" im Glauben.
Die Trinitätslehre ist nicht biblisch, aber auch Christen können sich darauf berufen, dass "unbiblisch" noch lange nicht automatisch "unwahr" heißen muss. "Der liebe Gott passt nicht zwischen zwei Buchdeckel" heißt es ja so schön.
Aber — Diese Trinitätslehre sagt mehr über die menschliche Psyche aus als über Gott, wie er tatsächlich ist. Nach Kant und Platon kann der Mensch die Wirklichkeit nicht so wahrnehmen, wie sie wirklich ist, aber er kann aus dem Abbild in seinem Gehirn doch relativ viele Schlüsse auf die Wirklichkeit ziehen. Die Kirchen müssten von daher sagen: "Wir nehmen Gott in drei Quellen wahr, aber wir können keine verbindlichen Aussagen über ihn treffen, die über die Bibel hinausgehen."
Heutzutage haben viele Christen, nicht nur ich, große Schwierigkeiten mit der Vorstellung, "Gott ist Mensch geworden" oder "Jesus war göttlich", und nun rächt sich, dass die Kirche in ihren Konzilen des vierten Jahrhundert diejenigen ausgeschlossen haben, die Jesus als Mensch sahen (wie es ja auch die drei synoptischen Evangelien taten!). Nach einer Untersuchung von Professor Jörns (siehe unten) in Berlin glauben die meisten interviewten Christen nicht an die Trinität, und auch bei den Pfarrern höchstens die Hälfte daran. Ich denke, es ist an der Zeit, dass die Kirchen sich auch offiziell öffnen für Gläubige, die Jesus nur als Menschen ansehen und den Heiligen Geist nur als 'Kraft', nicht als Person.
Die mittelalterlichen Mystiker sagten: "In jedem Menschen ist ein 'Fünklein' Gottes." Wir heutigen Menschen würden das erweitern zu: "In jedem Menschen, Tier, in jeder Pflanze und jedem Atom ist ein 'Fünklein' Gottes". Gleichzeitig sind wir uns bewusst, dass der menschliche Verstand sich zu Gott verhält, wie ein Fingerhut voll Wasser zum Ozean. Von daher gesehen ist natürlich auch in Jesus unbestreitbar etwas Göttliches, genauso wie in mir und in Dir, und auch in jedem Atom dieser Welt (wenn auch in einer höheren 'Dosis').
Im Zeitalter der Globalisierung können wir uns ferner nicht dem verschließen, was uns die Gläubigen anderer Kulturen und Religionen über Gott zu sagen haben. Heutzutage wird von vielen Christen (sogar dem letzten Papst) zugegeben, dass es auch Heilswege außerhalb des Christentums gibt.
Und wer unbedingt Philosophie treiben will — die heutige Fragestellung lautet: "Ist Gott eine Kraft bzw. Energie, oder ist Gott eine Person, die mit uns redet, oder trifft sogar beides gleichzeitig zu?!"
Statistik-Quelle:
Klaus-Peter Jörns, "Kontemplation und Mystik", Heft 1/2003 Seite
21ff:
Nur 54% der Pfarrer in Westteil und 71% im Ostteil von
Berlin-Brandenburg
bekannten sich 1992 bei einer Umfrage zur Trinität.
Besser als das übliche Glaubensbekenntnis, dass ich wegen der Passage "geboren von der Jungfrau Maria" nicht mitsprechen kann, gefällt mir das folgende Glaubensbekenntnis von einer Bibelfreizeit der Markusgemeinde im November 2005 (an der ich leider nicht teilnehmen konnte). Dieses könnte ich vollständig mitbekennen:
Ich glaube
an Gott, den Barmherzigen und Liebenden, der vor uns war und mit uns sein will. Er hat uns seine Schöpfung anvertraut, damit wir darin wirken und sie bewahren. Ich glaube
Ich glaube
Amen. |
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Hanna-Chris Gast
Stand: 22. März 2009
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